Hilfstransporte

IceFlower - Initiative für medizinisch-technische Hilfe e.V.

24. Hilfsgütertransport in die Republik Moldau

In diesem Jahr fand der mittlerweile 24. Hilfsgütertransport von IceFlower statt. Da wir im Vorfeld besonders viele Sachspenden erhalten hatten, sind wir mit doppelter Ladung, d. h. zwei Sattelschleppern und einem Mannschaftswagen in die Republik Moldau gefahren. Das THW und erstmals die Johanniter Unfallhilfe stellten freundlicherweise die Fahrzeuge zur Verfügung.

Es wurden auf dieser Fahrt folgende Einrichtungen mit medizinisch-technischen Geräten unterstützt: das Spitalul MAI (Krankenhaus des Innenministeriums in Chisinau), das Kreiskrankenhaus in Hincesti, „unser“ Landarzt Boris Iwanowitsch und das Waisenhaus in Carpineni. Als THW-Fahrer kamen auf die Tour Klaus Griem, Erich Rabe, Christian Galuba, Kai-Uwe Peters, Walter Piechatzek und zum ersten Mal Jörg Diekvoss mit. Einzige weibliche IceFlower-Teilnehmerin war Marlu Verspohl.

Fast wäre kurz vorher das ganze Unternehmen wegen eines unerwarteten politischen Führungswechsels bei der ohnehin instabilen politischen Situation in der Republik Moldau noch geplatzt. Marcel Dandara, unser Kontaktmann in Chisinau, konnte dennoch im Eilverfahren durch den (noch)jetzigen Innenminister alle notwendigen Papiere für uns zusammenstellen.

An Wichtelpäckchen waren dank der Mithilfe des Evangelischen Kindergartens und des Quieselhauses in Timmendorfer Strand, der Spielhäuser Königsreihe und Horn in Hamburg, der Schule Lutterothstraße in Hamburg und zahlreicher weiterer Eltern und Kinder stolze 476 Stück zusammen gekommen.

In letzter Minute - am Freitag - dem letzten Werktag vor unserer Abreise, bewilligte die GTZ dann auch noch den Transportkostenzuschuss.

Die Hinfahrt verlief über die landschaftlich traumhafte Route durch die Karpaten. In dieser touristisch so gut wie gar nicht erschlossenen Gegend war die abendliche Hotelsuche manchmal eine nervliche Zerreißprobe. Dafür lief die Grenzabwicklung in diesem Jahr dank der guten Vorbereitung unsererseits sowie auf Seiten von Marcel deutlich unproblematischer als noch in den letzten Jahren.

Im Spitalul MAI des Innenministeriums hat sich zwischenzeitlich durch das persönliche Engagement des Direktors Dr. Obada eine Menge getan. Neben äußerlichen Veränderungen wie z. B. der Neugestaltung des Eingangsbereiches und dem Fliesen eines OPs wurde insbesondere ein nagelneues Reha-Mobil - Mercedes-Benz Rettungswagen - mit Top-Inneneinrichtung aus Deutschland angeschafft.

Dagegen ist das von uns in diesem Jahr unterstütze Krankenhaus in Hincesti wirklich armselig ausgestattet..

 

Unsere Spenden wurden dort mit einer derartigen Begeisterung, Freude und Dankbarkeit aufgenommen, dass wir nicht nur für all die Mühen belohnt wurden, sondern auch hochmotiviert weitermachen wollen. Ganz besonders gut kamen die beiden Inkubatoren an. Die Neonatologin wusste ihre Freude nicht anders auszudrücken als durch wiederholte Umarmungen.

Ebenso groß war die Freude bei den Narkosegeräten. Aber auch jedes kleinere Teil, wie die Einmal-Spritzen, das Heparin, die Verbänden, die Braunülen, die Nadeln, die Orthesen, etc. - alles wurde jubelnd angenommen. In diesem Krankenhaus gibt es noch viele, viele Aufgaben für Iceflower für die nächsten Jahre.

In Carpeneni waren wir leider wieder zur Ferienzeit, so dass wir nur einige Kinder - Vollwaisen, die in Pflegefamilien in den Dörfern untergebracht sind – angetroffen haben. Die meisten Päckchen haben wir vor Ort für deren Rückkehr nach den Ferien gelassen.

Mit Begeisterung wurde der Film aufgenommen, den Walter in der Schule Lutterothstrasse in Hamburg von der Klasse 2c gedreht hatte. Umgekehrt ließen sich ein paar Kinder filmen, um auf Moldawisch die Kinder der Schule Lutterothstrasse zu begrüßen und sich vorzustellen.

Auch bei „unserem“ Landarzt Boris Iwanowitsch hat sich richtig was getan. Er hat sich einen neuen Kleinwagen anschaffen können, um seine Patienten besuchen zu können. Außerdem soll in wenigen Tagen mit dem Bau einer komplett neuen Poliklinik begonnen werden. Auf jeden Fall ist hier unser Ziel erreicht und wir wünschen ihm alles Gute für die Zukunft!

Unseren diesjährigen Aufenthalt haben wir auch dafür genutzt, für das nächste Jahr geeignete Projekte ausfindig zu machen. So haben wir zwei Kinderheime weit ab auf dem Land besucht. Auf der Fahrt dorthin hörte irgendwann die asphaltierte Straße auf. Man hatte das Gefühl, die Zeit sei hier vor zwei- oder dreihundert Jahren stehen geblieben. Das Wasser wird noch aus Brunnen geholt. Ein paar alte Häuser stehen einsam in der Landschaft. In den Dörfern sind alte Leute zu sehen. In beiden Ortschaften befinden sich dennoch Kinderheime mit hundert bis zweihundert Kindern, vor allem auch sehr Kleinen, einerseits zur Betreuung tagsüber, aber auch Waisen, die dort untergekommen sind. Viele Eltern haben ihre Kinder hier auf der Suche nach Arbeit in Russland oder dem Westen zurück gelassen. Trotz der Armut strahlen die Heime viel Wärme aus. Mit den wenigen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen, versuchen die Mitarbeiter, den Kindern ein schönes Zuhause zu geben. Die Kinder waren völlig überrascht über die unerwarteten Geschenke. Sie packten sie unter großer Freude aus.

n dem zweiten Heim schliefen die Kleinen und wir legten leise und ganz vorsichtig jedem Kind ein Päckchen aufs Bett. Welch eine Freude beim Erwachen.

Zusammen mit dem Bürgermeister haben wir noch eine Landarztpraxis, ein sog. Familiendoktor-Zentrum - das Centru de Sanatate Costuleni - besucht. Auch dort ist die Welt einrichtungsmäßig vor 100 Jahren stehen geblieben. Im Untersuchungszimmer steht eine Liege, d. h. ein Brett, nicht gepolstert. Der Arztschrank ist ein uralter Wohnzimmerschrank. Überall gibt es selbstgezimmerte Regale. Es gibt ein kleines Kinder-Säuglings-Untersuchungszimmer. Dringend benötigt werden eine Babywaage und normale Einrichtungsgegenstände, wie Rolltische, Beistelltische und Schränke, Blutdruckmanschetten, mindestens zwei bis drei Untersuchungsliegen, eine Messlatte, vielleicht eine Personenwaage und vieles mehr. Das gynäkologische Kabinett sieht aus wie im Dungeon in Hamburg. Der gynäkologische Untersuchungsstuhl ist genauso schlimm wie in Hincesti - absolut nicht gepolstert, mit Plastikschalen für die Beine. Es fehlt ein Hocker zum Untersuchen für den Arzt, mindestens zehn Stühle könnten hierher. Ein Autoklav wird dringend benötigt sowie Instrumentensiebe, Abwurfschalen, Desinfektionsmittel und Schreibtische. Hier kann man noch die ganze Praxis einrichten. Es gibt noch einen Raum mit zwei Untersuchungsliegen, in dem Behandlungen stattfinden. Auch diese sind eine Katastrophe. Hier können mindestens vier Untersuchungsliegen her, alles was wir an Stühlen, Hocker, Beistelltischen, Arzneischränken, Sieben, Kleininstrumentarium und Verbandsmaterial bekommen können, kann hier zum Einsatz kommen.

Schließlich haben wir noch ein Militärkrankenhaus besucht, das im Vergleich zum Spitalul MAI ganz erbärmlich ausgestattet ist. Hier werden gebraucht: Untersuchungsliegen, Rollstühle, Ultraschall und dringend Narkose- und Beatmungsgeräte! Die Beatmungsmaschinen im OP sind 40 Jahre alt, das Pulsoxymeter ist kaputt. Absaugungen funktionieren gar nicht mehr in den OP-Räumen. Die Instrumente sind alt und es fehlt einiges. Der Untersuchungsstuhl sieht aus wie aus einer Folterkammer. Der Notfallschrank in der Kardiologie ist geradezu ein Witz und sieht aus wie aus dem Medizin-Historischen-Museum. Das Zwölfkanal-EKG ist auch museumsreif. Hier steht ein wirklich uraltes Siemens-Echokardiographiegerät, aber das funktioniert noch. Auch Gehhilfen werden dringend benötigt. Das Zahntechniker-Labor spottet jeder Beschreibung. Es sieht einfach aus wie in einer Hexenküche.

In der Gynäkologischen Poliklinik fällt auf, dass Hocker vor den Untersuchungsstühlen fehlen. Ein guter Untersuchungsstuhl ist aus Deutschland geliefert worden. OP-Licht und kleine Steh-OP-Lampen fehlen. Im Labor sind nur uralte Zentrifugen. Auch sonst kann nahezu alles gebraucht werden: Pinzetten, Röhrchen, Lanzettchen, ein Hb-Bestimmungsgerät, etc. – hier gibt es also viel zu tun!

Nach relativ problemloser Ausreise, diversen Grenzübertritten und zügiger Rückfahrt nach Deutschland endete nach zwei Wochen eine erfolgreiche Tour mit vielen positiven Eindrücken und Erlebnissen. Neben herzlichen privaten Kontakten - insbesondere zu Marcel und seiner Familie - und ganz viel Gastfreundschaft haben wir zum einen die positiven Fortschritte der in den letzten Jahren von uns unterstützten Einrichtungen gesehen und zum anderen aber auch vielerorts noch großen Unterstützungsbedarf für die Zukunft gesehen. Also bis zum 25. Hilfsgütertransport in 2010!