Hilfstransporte

IceFlower - Initiative für medizinisch-technische Hilfe e.V.

27. Hilfsgütertransport in die Republik Moldau

Sonntag, 06.05.2012
Mit insgesamt 20 Helfern beladen wir in 6 Stunden zwei Lkws mit unseren diesjährigen Spendengütern. Neben einer Zugmaschine des THW aus Kiel, einer weiteren aus Bad Oldesloe sowie einem Trailer aus Bremen haben wir erneut einen Trailer vom ASB zur Verfügung gestellt bekommen.

Wie jedes Jahr staunen wir wieder über die nicht enden wollenden Mengen an medizinischen Geräten und Hilfsmitteln, die sich im Laufe des Jahres im Lager angesammelt und nun von den fleißigen Helfern ans Licht und mit Hilfe des Lastenaufzugs in den Hof gebracht werden. Wird alles auf die beiden Lkws passen?

Am späten Nachmittag haben wir es dann geschafft: Das Lager ist leer und die Lkws sind randvoll. Aus diversen Kindergärten, Schulen und von zahlreichen Einzelpersonen sind insgesamt 400 liebevoll verpackte Wichtelpäckchen zusammen gekommen. Im Anschluss an die Verladung fahren die Männer gleich noch zum Wiegen der Fahrzeuge: 16.785 kg an Sachspenden werden wir in diesem Jahr 2400 km weit von Hamburg nach Chisinau transportieren.

Dienstag, 08.05.2012
Endlich sind nun auch die Ladelisten für die Zollabwicklung und die übrigen Dokumente fertig. Doch schon taucht das nächste Problem auf: Bei der Beantragung der EU-Ausfuhrgenehmigung per Internet stellt sich heraus, dass das erst vor zwei Jahren eingeführte System erneut verändert worden ist und nunmehr nur noch eine Nutzung mit ELSTER-Zertifikat und EORI-Nummer möglich sind. Ersteres ist bei Finanzamt, letzteres bei einer Behörde in Dresden zu beantragen. Bearbeitungszeit: 3 Wochen!

Zum Glück erhalten wir Hilfe von der Spedition Küster, die sich um die Beantragung der Papiere kümmert. Dabei stellt sich heraus, dass die für den Sammelposten „diverse Hilfsgüter unterschiedlicher Art“ zu verwendende Warentarifnummer 99909925 einer jährlich zu erneuernden Anmeldung beim Statistischen Bundesamt bedarf, die wir natürlich ebenfalls nicht haben. Hilfe!

Donnerstag, 10.05.2012
Heute erledigen wir noch den großen Lebensmitteleinkauf für die Fahrt und die letzten Besorgungen. Gerade auf dem Weg zur Metro erreicht uns ein Anruf vom THW: Ein Außendienstmitarbeiter vom Zoll wünscht die Ladung auf den beiden Lkws zu inspezieren!!! Bei der Zollanmeldung hatte man uns noch gesagt, dass theoretisch stichprobenmäßige Kontrollen möglich seien, aber damit nicht zu rechnen sei. Jetzt hatte es also uns getroffen. Ein freundlicher Außendienstmitarbeiter des Zolls wollte „der guten Sache jedoch dann nicht im Wege stehen" und verzichtete auf eine komplette Entladung der Lkws und begnügte sich mit einer groben Nachschau. Um 17:00 Uhr hatten wir die erforderlichen Dokumente in der Hand.

Freitag, 11.05.2012
Um 8:30 Uhr haben wir uns am Ortsverband Hamburg-Nord getroffen. Das diesjährige Team besteht aus Marlu Verspohl, Nina Hammers, Kai-Uwe Peters, Björn Guericke, Nicole Kruse, Ivo Wöllert, Knut Fastenrath und Andreas Träger.

Nachdem auch der Mannschaftswagen randvoll mit Gepäck und Verpflegung beladen war, ging es um 09:30 Uhr los Richtung Moldau.

Leider kamen wir jedoch nicht allzu weit, da sich bereits um Hannover die ersten Staus anbahnten. Um Braunschweig wurde es dann immer schlimmer und wir verloren verkehrsbedingt einige Stunden.

Um 20:00 Uhr erreichten wir das oberfränkische Dörfchen Selbitz, wo wir in einem netten, kleinen Landgasthof übernachteten und fränkische Küche genossen.

Samstag, 12.05.2012
Nach dem Frühstück machten wir uns wieder auf den Weg. Gegen Mittag erreichten wir die Österreichische Grenze. Dieses Mal passierten wir auch ohne technische Pannen die Gegend um Wien.

Gegen 18:00 Uhr fuhren wir dann über die österreichisch-ungarische Grenze und erreichten um 20:30 Uhr das Hotel „Arpad“ in Tatabanya, einer kleinen Kreisstadt an der Autobahn M 1 mit osteuropäischen Plattenbautencharme. Demselben Baustil entsprach auch unser mehrstöckiges Hotel.

Die Lkws parkten wir zwischen zwei Straßenlaternen.

Nach dem Abendessen im schmucken Speisesaal mit sozialistischem Flair nahmen wir noch die im Keller befindliche Disco, die sich als unterirdischer basswummernder Großraumclub durchaus westeuropäischen Standards entpuppte, in Augenschein, ebenso wie die Jugend von Tatabanya, die ausnahmslos hochhackig und langbeinig gen Mitternacht anrückte.

Sonntag, 13.05.2012
Nach dem Frühstück starteten wir in Richtung Budapest, welches wir um 10:00 Uhr hinter uns ließen, nachdem wir bei einer unbeabsichtigten Irrfahrt durch die Innenstadt zumindest einen kleinen Eindruck von dieser tollen Stadt erhascht hatten, und fuhren weiter Richtung Grenzübergang Rumänien.

Bereits mehrfach hatte sich telefonisch eine Dame nach unserer voraussichtlichen Ankunftszeit an der rumänischen Grenze erkundigt. Sven hatte im Rahmen der Mautbefreiung unsere Fahrtstrecke sowie den ungefähren Zeitplan angegeben. Offenbar hat er sich aber noch um viel mehr gekümmert: Wir wurden bei Betreten rumänischen Bodens bereits von einer Zivilschutz/Polizeieskorte erwartet, die uns mit zwei Fahrzeugen, Blaulicht und zeitweise auch unter Einsatz der Sirene den Weg frei machte. Das bedeutete nach rumänischen Verhältnissen, dass das vorausfahrende Fahrzeug auf der Straßenmitte fuhr und den Gegenverkehr unmissverständlich zum Halten und Ausweichen auf den unbefestigten Straßenrand zwang. Das ein oder andere Auto, dass nicht gleich obrigkeitshörig an die Seite fuhr, wurde schon mal mit einem kurzen Schlenker und Draufzuhalten daran erinnert, wer hier das Sagen hat.

Auf diese Weise kamen wir sehr zügig voran. Insbesondere in den Städten ersparte uns die Eskorte die ein oder andere Irrfahrt und „lästiges Warten“ an roten Ampeln. Der Puls unserer Fahrer, insbesondere auf den beiden Lkws, die sich in dichtem Verbund ihren Weg durch das Gewühl an Straßenbahnen, Bussen, Pkws und Fußgängern der Stadt bahnten, erreichte gelegentliche Höhepunkte.

An jeder Districtgrenze wurden wir von der jeweils zuständigen Polizei/Feuerwehr erwartet und an ein neues Fahrzeug übergeben.

Auch die Buchung eines Hotels für diese Nacht übernahmen unsere Begleiter. Wir übernachteten im "Black Tulip Hotel" in Dej, einem modernen, noch nicht ganz fertiggestellten 4-Sterne-Hotel, in dem wir die einzigen Gäste waren. Das Doppelzimmer mit Frühstück bekamen wir für einen Sonderpreis von 43,- EUR!

Montag, 14.05.2012
Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns - begleitet von einem neuen Dienstfahrzeug des Zivilschutzes - um 8:00 Uhr wieder auf den Weg.

Heute stand die landschaftlich schönste Strecke der Fahrt durch die Karpaten an. Wir waren aufs Neue begeistert von den satten grünen Berghängen und den tollen Ausblicken mit Schweizer Flair. Auch die Straße dieser nördlichen Route war nach jahrelangen Bauarbeiten nun fertig und gut befahrbar. Nur das Wetter spielte in diesem Jahr nicht ganz mit und wir froren bei sibirischen Temperaturen. In höheren Lagen lag sogar noch leichter Schnee.

Im Licht der langsam untergehenden Sonne erreichten wir gegen 19:00 Uhr die rumänisch-moldawische Grenze. Trotz unseres polizeilichen Begleitschutzes wurden wir noch von rumänischen Beamten zur Seite genommen und nach den Vignetten gefragt. Erst nach längerer Diskussion schienen sie zu akzeptieren, dass wir von der Maut befreit sind und ließen uns ziehen. Kaum hatten wir jedoch die Passkontrolle zur Ausreise aus Rumänien erreicht, kam uns ein Beamter hinterher, der erklärte, nach einem Rückruf in Bukarest könne man doch nicht auf die Maut verzichten. Nur NATO- und UNO-Fahrzeuge seinen davon befreit. Um weiteren Diskussionen zu entgehen, entrichteten wir kurzerhand für beide Lkws die Tagesgebühr i. H. v. insgesamt 22,- EUR.

Pass- und Zollkontrolle bei der Ausreise aus Rumänien verliefen dann problemlos. Bei der Einreise nach Moldau erwartete uns bereits Daniela. Nach ca. zwei Stunden und dem Abwarten des mittlerweile obligatorischen Schichtwechsels bekamen wir Transitpapiere, die Fahrzeuge wurden verplombt und wir konnten die letzten Kilometer nach Chisinau antreten.

Im Dunkeln erreichten wir gegen 22:00 Uhr die Stadt. Die Lkws ließen wir auf dem Hof eines Firedepartments stehen und waren endlich „zu Hause" in „unserem" kleinen Häuschen mit Garten, welches uns mit frisch gestrichener Außenfassade und einer neu eingebauten Küche erwartete.

Daniela hatte bereits den Kühlschrank gefüllt und alles war nett vorbereitet. Mit einem kalten Chisinau-Bier begossen wir das Ende der viertägigen Anreise - dieses Mal ohne Fahrzeugpannen oder sonstige Zwangsaufenthalte.

Dienstag, 15.05.2012
Nach der zügigen Anreise mussten wir heute wieder lernen, uns in Geduld zu üben. Die Zollformalitäten waren zu erledigen. Zunächst hatte der vom Emergency Krankenhaus, unserem diesjährigen Hauptempfänger, bezahlte und daher auch ausgewählte Broker die notwendigen Papiere zu erstellen. Für jede Position auf der Ladeliste, immerhin 500, war eine Zolltarifnummer zu vergeben. Da wir die hiesigen Vorgänge sowieso nicht beschleunigen können, genossen wir den freien Vormittag in der Sonne.

Später fuhren wir dann zum Büro des Brokers, um - zu diesem Zeitpunkt noch blauäugig - einmal nachzusehen, wann denn mit der Fertigstellung der Papiere zu rechnen sein würde. In einem Ein-Raum-Büro trafen wir auf zwei Frauen und einen Mann, die uns später noch zur Weißglut bringen würden. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass der Broker noch keinerlei Vorarbeit geleistet hatte, obwohl er die Listen bereits seit einigen Tagen vorliegen hatte. Auch der Hauptempfänger hatte einen Fehler gemacht und ein notwendiges Papier nicht beantragt.

Der Broker ging mit uns sodann die Ladelisten durch und hatte zu fast jeder Position irgendwelche Nachfragen. Was ist ein Klapptisch? Was ist ein Rollator? Was ist ein Stationswagen? Insbesondere das Material der einzelnen Gegenstände war von Bedeutung: Ist der Nachttisch aus Holz, Kunststoff oder Metall? Nach zig Nachfragen war Marlus Standardantwort nur noch „It´s metall", um die ganze Prozedur zumindest ein wenig zu beschleunigen.

So verbrachten wir kostbare Zeit mit der Beantwortung der sinnlos erscheinenden Fragen. Und das war erst der Anfang ....

Der Broker versprach schließlich, die ganze Nacht durchzuarbeiten und die Papiere morgen früh fertig zu haben.

Auf dem Weg „nach Hause" besuchten wir zunächst noch das Grab von Marcel, unserem im letzten Jahr viel zu jung verstorbenem Freund, dem wir u. a. auch all die guten Kontakte zu verdanken haben und der vom Grenzübertritt an für uns „alte Hasen" des Teams doch immer irgendwie allgegenwärtig ist, nicht zuletzt durch seine Familie und seine ihm so ähnlich sehende Tochter Andrea.

Den Abend ließen wir dann mit einer kleinen Überraschungsparty für Daniela, die vor einigen Wochen 30 Jahre alt geworden ist, ausklingen.

Mittwoch, 16.05.2012
Nach dem Frühstück fuhren wir erneut zum Büro des Brokers. Die Listen waren natürlich noch nicht fertig. Uns blieb nichts anderes übrig als zu warten und zu warten und zu warten ...

In regelmäßigen Abständen, die am Ende im 2-Minuten-Takt stattfanden, suchten wir das Büro auf und versuchten, die Vorgänge durch Druck zu beschleunigen. Nach einem kleinen Mittagessen vor dem Büro des Brokers bekamen wir schließlich um 15:00 Uhr die Mitteilung, alles sei nun fertig und der Zollbeamte komme zu den Fahrzeugen, um diese zu kontrollieren und die Plomben zu entfernen.

Tatsächlich ging es dann recht schnell. Der Zöllner hatte noch einige Nachfragen bezüglich der Wichtelpäckchen, gab sich dann aber mit unseren Erklärungen zufrieden und wir konnten fahren. Anderthalb Tage hat uns diese ganze Prozedur letztlich gekostet.

Um 16:30 Uhr erreichten wir dann endlich unseren diesjährigen Hauptempfänger, das Emergency Hospital.

Zunächst nahmen Marlu und Nina mit Daniela an einer Ärztebesprechung teil. Versammelt waren dort sämtliche Abteilungschefs der Orthopädie, Traumatologie, Urologie, Neurochirurgie, Intensiv, Labor, Gynäkologie und Innere. Chefarzt und Stellvertreter stellten sich uns vor und wir konnten dabei gleich einige Angaben zu den Spenden machen, vor allem zu den Implantaten und dem Steriraum aus Lübeck.

Danach fand das Ausladen auf dem Hof des Krankenhausgeländes statt. Mit Hilfe von Mitarbeitern des Krankenhauses und unter genauer Kontrolle einiger Ärzte kam alles zunächst in einen größeren Schuppen. Dabei wurde anhand der Liste alles genauestens abgezählt und abgehakt. Für uns völlig unverständlich waren hierbei mehrere Beschwerden eines Lagerleiters, der 1 bis 2 Gehhilfen vermisste, während wir Spendengüter im Werte von 3 Mio. Euro abluden.

Gegen 20:00 Uhr waren wir fertig und uns wurden noch Teile der Klinik gezeigt. Beeindruckend war die traumatologische Station, wo überwiegend Patienten mit uralten Extensionsgewichten in schlechten Betten lagen. Die Intensivstation hingegen war neu und bis auf ein paar Kleinigkeiten recht gut ausgestattet.

Anschließend wurden im Krankenhaus zum Abendessen eingeladen: vorab Cognac, dann diverse Platten mit Hühnerfleisch, Linsen-Erbsen-Püree, Salat, Wurst- und Käsehäppchen, wobei auf der Wurst allerdings diverse Ameisen krabbelten.

Donnerstag, 17.05.2012
Auch wenn wir mit Kai-Uwe nur einen nachweislichen Vater unter uns hatten, wurden doch alle Männer von uns 3 Frauen mit einem Spezial-Vatertags-Frühstück bedacht.

Dann ging es mit allen Fahrzeugen und in Begleitung eines Kameramanns von TV Moldova 1 aufs Land, wo die asphaltierten Straßen aufhören, Wasser aus Brunnen geholt werden muss und Gänse und Kühe die Straßen fest im Besitz haben.

Erstes Ziel war das Dorf Miclesti, ca. 40 km von Chisinau entfernt. Das dortige Family Doctor Center, betreut von einer Ärztin mit 3 Schwestern, wurde unter Aufsicht von Bürgermeister und bezirkszuständigen Regierungsbeamten mit Untersuchungsliegen, Autoklav, Zahnarztstuhl, Gehhilfen, Stühlen, Schränken, Verbandsmaterial, etc. bedacht. Alle Räume waren klein, aber soweit wie möglich mit Farbe und Pflanzen liebevoll gestaltet und sehr sauber.

Nach dem Interview für das Fernsehen erwartete uns ein kleines Mittagessen in gemütlicher Runde: Salami- und Käsebrote, die landestypischen selbstgebackenen Teigtaschen mit Käse gefüllt und natürlich selbst hergestellter Weiss- und Rotwein - außerdem liebevoll ausgedachte Präsente wie Wein und Trachtenpüppchen.

Im selben Dorf besuchten wir anschließend den Kindergarten „Fluturas“ (=Schmetterling) sowie noch einen weiteren, in der Nähe gelegenen, um dort die ersten Wichtelpäckchen zu verteilen.

Trotz aller Armut hatten sich alle so chic wie möglich gemacht. Begrüßt wurden wir zunächst mit einem Lied der Kleinen und für die Frauen jeweils mit einem Strauß herrlicher Pfingstrosen. Die Pakete wurden mit Dankbarkeit angenommen und unter größter Freude ausgepackt! Es war mal wieder für uns und auch alle neuen Fahrer das bisherige Highlight der Tour – leuchtende Kinderaugen!

Der 3. Kindergarten für diesen Tag befand sich im nächsten Dorf Riscova. Auch dort dieselbe Freude und wieder Salami-und Käsebrote sowie Rotwein für uns. Es zeigte sich wieder: Je ärmer die Menschen, desto gastfreundlicher und bemühter sind sie. Wir waren gerührt!

Erschöpft wollten wir am liebsten zurück, aber der Chef des Mihail-Krankenhauses in Chisinau - unser Hauptempfänger aus dem Vorjahr - wollte unbedingt, dass wir noch an diesem Tag bei ihm abladen, egal wie spät ...

Um 21:00 Uhr erreichten wir das Krankenhaus. Die wartenden Helfer und selbst der Chef schienen gereizt. Offensichtlich hatte er doch nicht damit gerechnet, dass wir so spät und im Dunkeln noch arbeiten würden. Zudem war es kalt und alle froren.

Nach dem ersten Lkw brachen wir gegen 23:00 Uhr die Entladung endgültig ab. Der zweite Lkw musste erst mal gründlich nach den weiteren Empfängern umsortiert werden.

Freitag, 18.05.2012
Zunächst war heute Vormittag Sortieren und Umladen angesagt. Auf dem Gelände der Feuerwehr verbrachten wir zwei Stunden damit, die verbliebenen Sachspenden nach Empfängern zu ordnen.

Die für Danielas Bruder Sergio Golovaci, dem Leiter des hiesigen Katastrophenschutzes, bestimmten Dinge (Duschkabine, Untersuchungsliege, Matratze, Defibrillator, Ambubeutel, Bürodrehstühle, Klapptisch, etc.) sowie die für den Kindergarten "Gradinita" gedachten Stühle, Feuerlöscher, Waschmaschine, Trockner und Spielsachen konnten wir gleich dort abladen.

Dann fuhren wir mit einem Lkw und dem MTW in ein ca. anderthalb Stunden entfernt liegenendes Dörfchen in der Nähe von Hincesti. Dort lebt die Frau eines Feuerwehrmannes mit ihren zwei Töchtern im Alter von zwei und fünf Jahren. Ihr Name ist Tatjana. Sie dürfte ungefähr Ende 20 sein und ist im vierten Monat schwanger. Erst vor einer Woche ist ihr Ehemann auf dem Weg zur Arbeit morgens um 5 Uhr von zwei betrunkenen Männern aus demselben Dorf grausam mit einer Plastiktüte ermordet worden, da er nicht bereit gewesen war, deren Forderung nach mehr Geld für Alkohol zu entsprechen. Die Feuerwehrkollegen des Getöteten versuchen nun, die kleine Familie so gut es geht zu unterstützen.

Über unbefestigte Straßen gelangten wir in dieses kleine Dorf mit ärmlichen Häusern. Da die Straße in einem so schlechten Zustand ist, konnten wir nicht bis zum Haus fahren, sondern mussten die letzten 100 Meter zu Fuß gehen und die Sachen bergan tragen.

Einen Kinderwagen, ein Kinderbett, einen Schaukelelch von IKEA, einen Puppenwagen, mehrere Kartons mit Kinderkleidung und Windeln sowie diversen Säuglingsbedarf übergaben wir der Witwe, die noch sichtlich unter dem Schock der Todesnachricht stand.

Bei unserer Abfahrt bedankte sie sich noch einmal für die Unterstützung und versprach, zu versuchen, stark zu sein. Eine bewegende Begegnung!

Von hier aus ging es weiter zu „Pro Familia", einem Frauenhaus in Hincesti, dem wir bereits im letzten Jahr Sachspenden gebracht hatten. Dort finden bis zu 15 schwangere Frauen Zuflucht, wenn sie ihr Zuhause wegen Gewalttätigkeiten oder anderer Konflikte verlassen müssen. Sie dürfen zunächst bis zu sechs Monate nach der Geburt dort bleiben. Sollten sie bis zu diesem Zeitpunkt keine neue Wohnmöglichkeit gefunden haben, gibt es noch eine weitere Verlängerung um sechs Monate.

Wir wurden mit Umarmungen von der Leiterin empfangen, deren Herzlichkeit und Dankbarkeit wir schon aus dem letzten Jahr kannten. In Anwesenheit von fünf Frauen mit ihren Neugeborenen entluden wir mehrere Kinderwagen, Kinderbetten, Hochstühle, Maxi Cosis und Kartons mit Windeln und Kinderkleidung sowie Spielsachen für die Kinder. Die Mütter legten ihre Säuglinge sogleich in Babywipper, Maxi Cosis und Kinderkarren und freuten sich sehr über die Geschenke. Auch Gabriela, ein kleines ca. 6 Monate altes Baby, welches wir besonders ins Herz geschlossen hatten, gucke uns mit ihrem zahnlosen Lachen an.

Hier hatte man erneut das Gefühl, dass alle Dinge an der richtigen Stelle angekommen waren und wirklich eine große Hilfe darstellten. Was für ein guter Tag heute!

Da sich neben dem Frauenhaus das Krankenhaus von Hincesti befindet, welches wir ebenfalls bereits mit medizinischen Geräten unterstützt hatten, fuhren wir kurzerhand auf das Krankenhausgelände, um nachzusehen, ob unsere Sachen dort tatsächlich noch im Einsatz sind. So konnten wir durch ein Fenster eines maroden Gebäudes sehen, dass eine der uralten Waschmaschinenungetüme durch die von uns gebrachte Industriewaschmaschine ersetzt war. Sehr gut!

Nach einer kleinen Irrfahrt auf dem Rückweg und einem kurzen Einkaufsstopp gab es zur Belohnung ein leckeres BBQ, allerdings nicht in unserem lauschigen Garten, sondern ausnahmsweise mal in der Küche, da es draußen einfach zu kalt und stürmisch war.

Samstag, 19.05.2012
Heute wurden wir durch Donnerschlag, Blitz und Starkregen geweckt. Nach kurzem Umladen ging es dann zum zweiten Mal zum Krankenhaus Mihail, um das am Donnerstagabend abgebrochene Ausladen zu vollenden.

Sieben Krankenbetten, das Stahlregalsystem, Nachttische zu den Betten vom letzten Jahr, OP-Instrumentensiebe und diverse Kleinteile wurden ausgeladen und von den Krankenhausmitarbeitern ins Gebäude getragen.

Im Anschluss machten wir noch einen Rundgang durch das Krankenhaus. In vielen Bereichen wurde seit unserem Besuch im letzten Jahr renoviert. So gab es neben einem alten OP-Saal auch einen recht modernen und neu gefliesten.

In den Krankenzimmern, die mit bis zu sechs Betten vollgestellt waren und nur noch schmale Gänge dazwischen boten, konnten wir auch unsere Krankenbetten aus der Lieferung des letzten Jahres sehen. Ebenso fanden wir zwei Ultraschallgeräte aus dem letzten Jahr vor. Im Labor stand bereits der Kühlschrank, den wir am Donnerstagabend abgeladen hatten. Er war bereits in Betrieb genommen.

Sodann zeigte uns eine Ärztin weitere Räumlichkeiten, die gerade noch renoviert werden. Hier soll eine Intensivstation entstehen. Auf dem Gelände wird zudem seit mehreren Jahren an einem neuen Gebäude gearbeitet, welches eine kardiologische Station beherbergen soll. Nach Aussage des Direktors soll diese im nächsten Jahr in Betrieb genommen werden. Wir hatten allerdings eher den Eindruck, dass der Bau seit unserem letzten Besuch in keinster Weise vorangeschritten ist.

Bei allen Renovierungsprojekten fehlt es noch an der kompletten Einrichtung. Insbesondere benötigt werden OP-Tische, Monitore, Instrumententische, Saugdrainagen sowie jegliches Zubehör für die Kardiologie.

Für den Nachmittag hatten wir nun kein Verteilungsprogramm mehr. Nach einem Stadtspaziergang mit Marktbesuch machten wir es uns traditionell im „Pani Pit" gemütlich und genossen ein leckeres Abendessen.

Sonntag, 20.05.2012
Heute Morgen herrschten wieder sommerliche Temperaturen und wir frühstückten in „unserem" Garten. Das letzte gemeinsame Essen in unserem kompletten Team 2012, denn anschließend mussten wir leider Nina zum Flughafen bringen. Den Tag verbrachten wir in der Stadt und auf dem dortigen Markt.

Am Abend waren wir bei Danielas Familie eingeladen. Wir stellten das Grillfleisch, im Übrigen bog sich der große Tisch im neuen Gartenhaus mit selbstgemachten moldawischen Spezialitäten. Trotz der Sprachschwierigkeiten fand ein herzlicher Austausch statt und wir waren uns einig: wir sind im Laufe der letzten Jahre zu einer deutsch-moldawischen Familie zusammengewachsen.

Montag, 21.05.2012
Um 10:00 Uhr trafen wir uns mit Mitarbeitern des MAI (Innenministerium), die uns zu einem vom MAI protegierten Internat für Taubstumme begleiteten. Nach einer Stunde erreichten wir das wunderbar zwischen Hügeln gelegene Dörfchen unterhalb eines kleinen Klosters. In dem schlichten, aber sauber und mit Farbe aufgefrischten Gebäude leben 111 taubstumme Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 18 Jahren, einige als Waisen.

Ein MAI-Mitarbeiter filmte die Verteilung der Wichtelpäckchen und das mit großer Freude stattfindende Auspacken. Bis auf einige traurige, enttäuschte Kinder: Zu unserem großen Entsetzen waren einige Päckchen mit ausschließlich alten Socken oder T-Shirt gefüllt. Eines enthielt nur einige zusammenhanglose Puzzleteile! Das war uns so peinlich! Wie können wir das in Zukunft verhindern? Wir fanden zum Glück Ersatz und die Kinder waren auch untereinander zum Ausgleich bereit.

Danach erwartete uns auch hier wieder ein Essensempfang mit vielen dankbaren Reden, diversen warmen und kalten Gängen und hausgemachtem Rotwein.

Da wir immer noch ca. 70 Päckchen für kleinere Kinder übrig hatten, ging es nochmals in ein weiteres Dorf in der Nähe Chisinaus, wo gerade ein Kindergarten renoviert wird und es noch an viel Spielzeug fehlt. Mit einem guten Gefühl ließen wir hier unsere letzten Wichtelpäckchen und Säuglingszubehör, zumal gerade ein paar Mütter mit Kinderwägen um die Ecke schoben, um die Größeren abzuholen.

Und auch hier wieder gefüllte Teigtaschen, Salamibrote und moldawischer Sekt. Es bewahrheitet sich immer wieder: Je ärmer, desto gastfreundlicher!

Danach fuhren wir wieder in die Stadt zum Emergency-Hospital, um noch drei Betten und einen OP-Tisch abzugeben. Bei der Gelegenheit erfuhren wir vom Chefarzt und seinem Stellvertreter, dass die Sachen größtenteils schon verteilt waren. Sie waren wirklich beeindruckt und der Ansicht, dass wir der beste Hilfsgütertransport seien, der sie je unterstützt habe.

Und dann war es wieder unser letzter Abend in unserem geliebten Garten.

Dienstag, 22.05.2012
Eingedeckt mit Proviant von Danielas Eltern und herzlichsten Abschiedsumarmungen traten wir um 10:00 Uhr die Rückfahrt an.

Die Ausreise aus der Republik Moldau dauert mit Röntgen aller 3 Fahrzeuge letztendlich 3 Stunden! Dank unserer neuen „Freunde“ vom rumänischen Zivilschutz, die uns bereits wieder auf der rumänischen Seite erwarteten, waren wir dort nach kurzer Passkontrolle innerhalb von 5 Minuten wieder in der EU! Durch ganz Rumänien wurden wir dann erneut von äußerst netten, flexibel auf unsere Wünsche eingehenden, teils sehr gut englisch sprechenden Zivilschutzbeamten/-innen durch das Land gelotst. Bei herrlicher Sonne konnten wir auch den Rest der Tour entspannt genießen.

Somit war die IceFlower-Tour 2012 insgesamt ein großer Erfolg!

Ein besonderes Dankeschön gilt allen THW-Fahrern und Sven Eichstaedt, die uns nicht nur sicher 5000 km weit gefahren haben, sondern auch für einen reibungslosen Ablauf gesorgt und im Rahmen der Vor- und Nachbereitung der Tour ständig im Einsatz waren!

Wir freuen uns schon auf den 28. Hilfsgütertransport 2013! Packen wir es an!